Das Spiel von Liebe und Zufall – Sommertheater
Komödie von Pierre Carlet de Marivaux
Komödie von Pierre Carlet de Marivaux
Regie:
Leni Brem-Keil
Bühne und Kostüme:
Jörg Zysik
Übersetzung: Heinz Kreidl
Sommertheater
Premiere
22.6.2024
20:30 Uhr
Innenhof der alten Post
Bahnhofstraße 2
Dauer: ca. 1 Std. 40 Min., keine Pause
Heiraten!? Das kommt nicht infrage, zumindest nicht für Silvia, denn nach der Hochzeit zeigten die Ehemänner ihr wahres Gesicht. Ihr Vater, der wohlhabende Monsieur Orgon allerdings möchte seine Tochter Silvia gern mit Dorante, dem Sohn eines entfernten Geschäftsfreundes verheiraten. Vater und Tochter treffen eine Verabredung, sie sieht sich Dorante einmal an, aber in der Rolle ihrer Bediensteten Lisette, um unerkannt den wahren Charakter des zugedachten Bräutigams prüfen zu können. Lisette ist begeistert, gibt dieser Tausch ihr doch die Möglichkeit, als Herrin zu glänzen und einen Ehrenmann um sie freien zu lassen.
Was beide nicht wissen: Dorante und sein Diener Harlekin sind auf dieselbe Idee gekommen und treffen ebenfalls „vertauscht“ ein. Nur Vater Orgon und Silvias Bruder Mario wissen durch einen Brief des Geschäftsfreundes Bescheid, aber niemand weiss, dass sie das wissen … Welche Herzen werden zueinander finden, wenn es keinerlei Gesellschafts- und Standesunterschiede gibt?
Marivauxs Komödie ist ein sprachfeines und intelligentes Verwechslungsspiel, das die Frage untersucht, ob die Liebe durch Wesensverwandtschaft oder durch Zufall entsteht und welche weiteren Einflüsse sonst noch dabei wirken. Wie in einer Retorte lässt Marivaux ein seelisches Experiment ablaufen.
Pierre Carlet de Chambain de Marivaux wurde am 4.2.1688 in Paris geboren und gilt als Weiterentwickler des französischen Theaters nach Molière. Innere, psychologische Vorgänge nehmen mehr Raum ein, seine Dialoge sind verspielt, schnell und direkt, (selbst)ironisch und von raschem Witz. Nach ihm hat man diese Art des Schreibens „Marivaudage“ genannt.
Mit:
Sophie Weikert, Anna Woll; Robert Arnold, León Hänig, Oliver Mirwaldt, Martin Puhl
VVK 29 / erm. 10 Euro (Abendkasse + 1 Euro)
Karten„Hübsch turbulent geht’s zu in der Verkleidungs-, Verstellungs- und Verwechslungskomödie (…) Die Inszenierung von Leni Brem-Keil ist eine runde Sache, ein locker-leichter Theaterspaß mit viel Witz und absurder Blödelei – perfekt also für laue Sommerabende. (…)
Sophie Weikert gibt eine selbstbewusste Silvia, die sich wider die Vernunft verknallt, die Contenance verliert und verzweifelt versucht, die Situation unter Kontrolle zu kriegen. Bei Stress tippt und klimpert sie auf einem Daumenklavier herum, als hätte sie ein Smartphone in der Hand. Martin Puhl ist ein jugendlicher Dorante, der mit seiner charmanten Selbstsicherheit auch beim modernen Dating erfolgreich wäre. Anna Woll lässt die forsche Lisette mehr und mehr in ihrer Rolle als Herrin aufgehen. Am liebsten würde sie immer so weitermachen, lässig mit dem Fächer wedeln und künftig von Opern und Pferden nicht mehr nur träumen. Leön Hänig ist ein fideler Diener in der Tradition des bauernschlauen Arlecchino aus der Commedia dell’Arte, der mit Vergnügen auch mal den Großkotz mimt. Robert Arnold spielt Monsieur Orgon als verschrobenen Vater, der seine Tochter liebt, aber auch Spaß daran hat, sie zappeln zu lassen. Und Oliver Mirwaldt hat als schreckhafter, geschwisterlich fieser Bruder Mario die Lacher auf seiner Seite.
Besonders komisch sind die Tücken der Objekte. Ob Tisch, Liegestuhl, Spazierstock, Schmetterlingskescher oder Ekel-Obst – der Umgang mit den Dingen ist äußerst vertrackt: wenn etwa die verliebte Silvia im Gartentischchen feststeckt, wenn Arlequin wegen des sperrigen Stockes ums Verrecken keinen Handkuss hinbekommt oder Mario die Birne unauffällig verschwinden lassen möchte. Solche Gags sind alt, überliefert seit jener italienischen Typenkomödie, doch immer wieder lustig. Und, ach, die Liebe. Die ist heute immer noch so kompliziert wie in der Zeit von Marivaux. Nur anders kompliziert.“ FLZ, 24.6.24